
Fraue manne chinder
jede tag sin si verby cho bi däm fäld verschloofe em morge todmüed am obe
gschaft hei si dr tag lang in Basel
dört het me sy bruucht
aber am obe denn heisst’s uuse vors toor !
wyt isch dr wääg z’fuess zrugg ins Elsass im summer wenn d’sunne schynt
im winter im schnee
i lueg uf das fäld uf dä hügel die stroos kei spur me vo dene sorge däm lyde
es wohnquartier empfoht jetzt d’passante
no hets en acker mit hecke und bäum
doch d’verstädterig nimmt meh und meh zue und neuyi wohnblöck wachse n-us-em bode
ganz verdutzt luege d’ bewohner Jude ? Gässli ?
Wohär chunt dä name ?
(Victor Saudan)
Femmes hommes enfants
chaque jour ils passent près de ce pré endormis le matin épuisés le soir
longue journée de travail passée à Bâle où l’on avait besoin d’eux
mais chaque soir c’est hors de la ville !
à pied le chemin est long pour rentrer en Alsace l’été sous le soleil
l’hiver sous la neige
je regarde le pré la colline la route
aucune trace de ces soucis de cette souffrance
un quartier résidentiel accueille désormais les passants
reste un champs labouré avec haie avec arbres l’urbanisation a pris le dessus
et de nouveaux immeubles d’habitation sortent de la terre
hébétés leurs habitants regardent juifs ? ruelle ?
pourquoi ce nom ?
(Victor Saudan)
Warum bloss haben wir diesen Ort ausgesucht? Er erfüllt mich mit Lustlosigkeit. Ich vermisse einen Campinghocker. Ich will mich hier nicht auf den Boden setzen. Briefkästen stehen an der Strasse, ich sehe darauf abwehrende Handflächen in rot. Die Sonne knallt auf die Strasse und potenziert ihre Hitze, sie brennt sich allmählich in meine Haut. Die Strasse ist für Autos da, sie fahren konstant rauf und runter.
Nun sitze ich auf der Stufe zum Eingang der Nummer 42 auf der anderen Strassenseite. Können Sie mich sehen? Da zu sitzen erinnert mich an meine Kindheit, als mein Stiefvater noch ganz frisch und wir noch nicht zu ihm gezogen waren. Ich habe manchmal stundenlang an der Strasse vor unserem Haus auf ihn gewartet. Es sah dort ganz ähnlich aus und es fühlte sich sehr ähnlich an: Eher ungemütlich, überall Beton und Asphalt, ein bisschen ländlich, man hörte Vögel, der Wald war nah, aber vor allem hörte und sah man vorbeifahrende Autos.
Ich vertrieb mir die Zeit damit, die Erscheinung der Autos
zu definieren. Es gab gutmütige Autos, es gab gefährliche Raubtierautos und dazwischen alle möglichen Abstufungen, es gab auch dumme und charakterlose Autos. Die Scheinwerfer waren die Augen, die Kühlerhauben die Nasen. Beim Jaguar passte der Name zur Erscheinung, ebenso beim VW Käfer.
Meine Mutter hatte einen orangen VW Polo, das ging in die
Kategorie gutmĂĽtig, mein Stiefvater hatte einen bronzenen Porsche Carrera, drinnen mit gelber Ledergarnitur. Ausserdem hatte er einen Dackel. Ich fand meinen Stiefvater, den Dackel und den Porsche einfach grossartig. Deswegen wartete ich
ja so lang auf der Strasse. Ich konnte deren Ankunft einfach kaum erwarten. Es war klar: Das Beste was auf dieser Strasse fahren wĂĽrde, wĂĽrde bei mir anhalten, parken und aussteigen. Und so wurde das Sitzen an der Strasse zu einem Bad in vorfreudiger Erwartung.
Dass hier auf dem Strassenschild an der Betonwand „Judengässlein“ steht, spielt im Hier und Jetzt keine Rolle.
Es verweist auf eine Geschichte, die mir vollkommen abgeschnitten scheint, entkoppelt von meiner Wahrnehmung, obwohl ich von der Geschichte der Juden weiss, ist sie hier nicht lesbar. Ein Strassenname reicht dazu nicht aus.
(Mimi von Moos)
judegässli
deruff und derab
wie schwelle d ände zem greis
vo hagahei zem all
(Martin Burr)