
Auf der Schweizer Seite wird gesägt, gepumpt, mit Maschinen, die machen Lärm.
Hier endet das Schweizer Judengässlein, eine
geteerte Strasse, korrekt abgeschlossen, mit sauber aneinandergereihten Pflastersteinen. Danach geht ein Feldweg weiter. In Frankreich. Zentralistisch vom weit entfernten Paris regiert. Die Schweiz platzt dagegen schier aus den Nähten. Bis haarscharf an die Landesgrenze reichen die Einfamilienhäuser und es gibt dazugehörige Gärten, die reichen sogar über die Grenze hinaus.
Am Rand und auf dem Übergang von Strasse in Feldweg, steht der Grenzstein. Auf Schweizer Seite ist ein Kreuz eingemeisselt, auf Französischer Seite ein F. Obwohl, das sieht man nur, wenn man da hin geht und sich herunterbückt. Das F im Stein ist verwittert. Es hat sich Erde auf dieser Seite angesammelt, es wächst Gras darauf und die Hecke von dem Schweizer Garten, der nach Frankreich hineinragt, wird das F bald vollkommen verdecken.
Alles, was sich hier bewegt, überquert die Grenze, die Ameisen unterwandern sie, die Schmetterlinge flattern drüber hinweg. Im Krieg konnten Grenzwächter oder Soldaten die Flüchtenden nicht mehr erschiessen, sobald diese die Grenze überschritten hatten. Heute können wir zum Glück einfach drüber spazieren, so oft es uns gefällt. Ich tue das schon seit einigen Jahren.
In dem Garten, der hier über die Grenze hinausreicht, arbeitet ein Mann in blauem T-Shirt. Ich sehe Teile von ihm, eine Hand, ein Stück blauer Stoff, Gürtel, hellbraune Hosenteile, durch das Geäst dessen junge hellgrüne Blätter noch ein wenig Einsicht gewähren. Daneben, etwas weiter auf Schweizer Boden, liegt eine unbebaute Parzelle. Wildwachsender Raps blüht sein kräftiges Gelb darauf.
Der Raps vom Feld auf der französischen Seite, vom Wind herübergetragen.
Während der Pandemie war die Grenze wieder überwacht. Damals stand auf der Parzelle noch ein Haus. Es war von wild wachsendem Gestrüpp umwuchert und eines Tages, als ich hier vorbei kam, standen Polizeiautos und ein Sargwagen
bei dem Haus. Die Polizisten hatten die Fenster geöffnet, es drang Leichengestank auf die Strasse. Dieser sehr spezifische Geruch, der sich tief in die Erinnerung einprägt und den man sofort wiedererkennt, wenn er in der Luft hängt. Es machte mich betroffen. In diesem Haus ging ein Leben zu Ende und niemand hat es gemerkt. Ein Herz hat hier, wo der Raps sein Gelb versprüht, aufgehört zu schlagen. Ein Herz, das vor langer Zeit in einem Bauch einer Frau damit angefangen hatte.
(Mimi von Moos)
La peau de mes bras chauffée par le soleil j’arrive sur le haut de la butte
la frontière est lĂ
passage, rencontre et rupture
le clĂ´turĂ©, l’enfermĂ©, le structurĂ© par-ci l’horizon infini dans la brume du matin par-lĂ
devant moi collines, plaines, montagnes, forĂŞts
derrière moi en ligne bien droite
le front des résidences suisses qui regardent – dirait-on- la mer
certains jardins suisses continuent sur territoire français malgré la borne en granit des Alpes
qui impose le contraire
côté suisse un petit panneau signale un passage privé côté français le premier panneau d’interdiction est écrit dans la langue du voisin
le goudron s’arrête net
joliment décoré par un ourlet de pavés
un sentier d’herbes et de cailloux prend son relais.
(Victor Saudan)
D’huut vo mine-n-arme isch heiss vor sunne Ig chume uf d’höchi vom hocker
do isch d’gränze
durchgang, begägnig und abbruch s’ygränzte, s’ygsperrte, s’greglete do
dr unändlich horizont im morgedunscht dört
vor mir hügel, ebene, bärge, wälder
hinter mir uf ere grade linie
d’schwyzer hüüserfront mit Blick – so chunt’s eim vor – ufs meer
einzelni schwyzergärte göh no wyter uf französischem bode trotz em gränzstei us alpegranit
wo’s gägedeil verordnet
uf dr schwyzer syte zeigt es chlys schildli uf französisch ä privatb’sitz a uf dr französische syte isch’s erschte verbotsschild glychfalls gschribe in d’r sprooch vom nachbur
uf ei schlag isch dr teer z’änd
hübsch g’schmückt mit ere bordüre us bsetzi
es graas- und steiwägli übernimmt vo do a d’leitig.
(Victor Saudan)
uf dr limite
balancer des dés
e grassarg verzollt
eh ça va la vache
(Martin Burr)