scierie

Die Vögel kündigen den Frühling an. Oft frage ich mich, wie sie die Veränderung des Klimas wahrnehmen. Ich glaube zu wissen, dass sie nicht in unserem menschlichen Sinne über ihr Leben nachdenken. Wahrscheinlich versuchen sie immer das Beste aus einer Situation zu machen und wenn es immer ungemütlicher wird und sie sich nicht entziehen können, nehmen sie es wohl einfach hin, leiden Hunger, Durst, Hitze, Kälte und sterben daran. Sie wissen nicht, dass es wegen uns ist.

Hinter dem Zaun trägt ein Mann einen sehr langen Balken über das Grundstück. Er hat eine leuchtend orange Kappe auf dem Kopf. Er mustert mich kurz ohne Neugier, wankt mit seinem Balken den Hang hinunter, legt ihn ab, kommt zurück und holt den nächsten. Hier war eine Schreinerei. Unter dem Dach des halb verfallenen Schuppens sind noch Balken gelagert. Der Mann ist alt, die Balken wirken zu schwer für ihn, er muss sie jeweils genau in der Mitte schultern, damit er sie über das Gelände balancieren kann.

Das Dach des Schuppens hängt an einer Ecke herunter, es sind dadurch ein paar Dachziegel abgefallen. Ich sitze unter dem alten Portalkran, der über die Strasse zum Nachbarsgrundstück führt.

Ein Ăśberbleibsel, gross und unbeachtet. Die Vergangenheit existiert nicht, nur die Gegenwart hat eine Existenz. Doch wie lang besteht sie?
Wenn Sie das lesen, wird der jetzige Moment, in dem ich das schreibe, längst vergangen sein. Meine Gegenwart überschneidet sich mit der Ihren.

Der Mann mit der Orangen Kappe ist verschwunden. An seiner Stelle sind soeben vier Gänse aufgetaucht. Sie haben leuchtend orange Schnäbel und Füsse. Drei weiden und eine steht Wache. Gegenüber auf der anderen Strassenseite steht der Neubau. Ein monolithisches Implantat in Dunkelgrau und Weiss, unberührt von der Zeit. Zwischen diesen Gegensätzen verläuft die Strasse, auf der sporadisch ein Auto rauf oder runter fährt. Jedes davon stellt für die wachende Gans eine potentielle Bedrohung dar, der sie sich heroisch in Angriffshaltung entgegenstellt. Dass noch jedes Auto an ihr und ihren Genossinnen vorbeigefahren ist, scheint sie nicht zu überzeugen.
Weiter die Strasse abwärts sehe ich die Synagoge. Sie hat ein schönes neues Dach. Die verwitterte Fassade steht direkt an der Strasse. Dieses Haus ist eigentümlich schön.
Von hier aus sehe ich zum ersten Mal, in einiger Entfernung hinter der Synagoge, das Dach des Hegenheimer Schlosses. Auch hinter dem Verfallenen Schuppen bemerke ich nun ein Dach, dass dem der Synagoge und des Schlosses sehr ähnlich ist. Eine Gruppe von Hausdächern distinguiert sich in meiner Wahrnehmung. Jene grossen Dächer mit den alten Ziegeln, deren First oft ganz leicht durchhängt, wie Rücken von Kühen auf der Weide, deren Dachschräge sich im unteren Teil leicht abflacht und vom Körper absteht. Eine Herde von Urhäusern gibt sich zu erkennen.

(Mimi von Moos)


Mitte im ghölz sitz Ig
uf em strunk vo n’em umg’saagte holderbaum

rings um my ume ligge d’räste vo nere alte säägi heimet jetz vo nes paar geissli

rostigi staalpfyler
träge no immer ä lastkraan zum verlaade vo ganze böim

dr blick goht wyt vo dach zu dach
sägi, synagoge und schloss
i dr färni grüesst Ötlige vom Schwarzwaldrand

i dr mitti vom bild
stoht es huus mit enem flachdach
wyss und grau mit viel glöcheretem bläch

Ig schliesse d’auge
und gseeh vor mir dr PanzerchrĂĽzer Potjemkin…

(Victor Saudan)


Assis au milieu du taillis sur le tronc d’un
sureau coupé

autour de moi étalées
les restes d’une ancienne scierie
lieu de vie désormais d’un troupeau de chèvres

des poteaux d’acier rouillés portent toujours une vieille grue à transporter des arbres entiers

le regard passe d’un toit à l’autre
scierie, synagogue, château
de très loin Oetlingen salue du bord de la Forêt-Noire

au milieu du tableau
se dresse une maison Ă  toit plat
blanche et en grise avec beaucoup de ferraille trouée

mes yeux se ferment il me vient à l’idée
le cuirassé Potemkine.

(Victor Saudan)


scierie

m’r rede elsässisch
und sage’s eifach nid z luut
stell dr vor me heerts

(Martin Burr)

Mr rede elsässisch